1. Mai Hamburg: Nazifrei!

Wie bereits um Vorfeld des 1. Mai 2020 in regelmäßig veröffentlichen Statements und im Rahmen unserer Mobilisierung deutlich wurde, veränderte die Corona-Pandemie vieles: So wurde zunächst aus der ursprünglich geplanten Neonazi-Demonstration in Hamburg-Harburg eine stationäre Kundgebung und unser Vorhaben, den Naziaufmarsch zu blockieren, konnte angesichts des einzuhaltenden Infektionsschutzes nicht länger verfolgt werden.

Die monatelangen Bündnisprozesse zunächst in Bergedorf später in Harburg wurden dennoch fortgeführt. Um antifaschistischen Protest, dort wo die Nazis sind, zu ermöglichen, organisierten die Harburger, Bergedorfer und Hamburger Bündnisse gegen Rechts innerhalb kurzer Zeit ein dutzend Mahnwachen in Harburg, Bergedorf und am Hamburger Hauptbahnhof. Die dezentralen Versammlungen wurden begleitet von einer sechs-stündigen Live-Radio-Sendung beim Freien Sender Kombinat.

Mit kurzfristigen weiteren Versammlungsanmeldungen in Braunschweig und Bremen versuchten sich die Neonazis wenige Tage vor dem 1.Mai Wege zu schaffen, legal auf die Straße gehen zu können. Durch Verbote und Klagen gegen diese, blieb es bis zum Morgen des 1. Mai unklar, ob und wo die Nazis tatsächlich laufen werden.

Kurz vor 12 Uhr wurde durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgericht klar, dass die Neonazis nicht in Harburg demonstrieren dürfen.

Dennoch waren hunderte Antifaschist*innen unter Beachtung der Corona-Maßnahmen flexibel und mobil in Harburg unterwegs und protestierten mit vielen kleinen Aktionen gegen die Neonazis, machten auf die Situation geflüchteter Menschen in den griechischen Lagern, auf den rassistischen Normalzustand und auf die Missstände des Kapitalismus aufmerksam. Antifaschistischer Protest bestimmte am 1.Mai 2020 das Stadtbild in Harburg, was auch in den sozialen Medien sichtbar wurde. So wurden unter anderem Videos von Transpiaktionen oder von Graffitis online gestellt und verbreitet. Wir als Kampagne 1. Mai Nazifrei nutzten unsere mediale Reichweite und unsere Mobilisierung, um Euch den Tag über bei Twitter, vornehmlich unter dem Hashtag #1M_Nazifrei, zu begleiten. So konnten wir aktuelle Bilder von den Mahnwachen und weitere Eindrücke aus der Stadt, die uns erreichten, mit Euch teilen.

Die Versuche der Nazis Kundgebungen in Bremen und Braunschweig durchzuklagen, scheiterten im Laufe des 1. Mai ebenfalls. Schließlich versammelten sich in Verden (Niedersachsen) ein paar dutzend Nazis, unter anderem aus Dortmund.

Während sie dort am Bahnhof mit der Polizei über eine spontane Demonstration in Verden verhandelten, tauchten auch in Hamburg einzelne Nazis aus dem Umfeld der NPD auf, die wahrscheinlich eine Propaganda-Aktion durchgeführt haben. Mit dieser werden sie mutmaßlich versuchen, das Scheitern ihrer Demonstration zu überspielen.

Anschließend waren Nazis mit Autos im Hamburger Stadtgebiet unterwegs. Dementsprechend galt es auch weiterhin wachsam in Hamburg unterwegs zu sein und gut aufeinander auf zu passen. Am späten Nachmittag machten sich die Nazis aus Verden – ohne Spontandemonstration – mit der Bahn auf den Weg Richtung Hannover. Sie mussten unverrichteter Dinge die Heimreise antreten.

Obwohl die Nazis weder in Hamburg, noch in Bremen oder Braunschweig eine Kundgebung oder Demonstration abhalten konnten, und obwohl viele Antifaschist*innen am heutigen 1.Mai in Hamburg auf der Straße waren, können wir die Tatsache, dass die Nazis nicht laufen konnten, keinesfalls als erfolgreiche Verhinderung der Nazikundgebung werten. Diese wurde aus Infektionsschutzgründen und nicht aus politischen Gründen verboten! Wir gehen davon aus, dass die Nazis ihre Demonstration, wie ursprünglich geplant, hätten durchführen können, wäre die Corona-Pandemie nicht dazwischen gekommen. Dies hätte bedeutet, dass die Nazis den 1. Mai als den Tag, an dem weltweit Arbeiter*innen für ihre Rechte kämpfen, für sich und ihre menschenverachtende Ideologie vereinnahmt hätten. Auch gehen wir davon aus, dass die Polizei den Naziaufmarsch mit allen Mitteln durchgesetzt hätte.

Das bedeutet zusammenfassend: Viele Antifaschist*innen auf der Straße, viele Kundgebungen und Mahnwachen gegen Nazis in Harburg und im weiteren Stadtgebiet, es gab den ganzen Tag eine Top Radiobegleitung mit aktuellen Infos, Interviews mit Antifaschist*innen und Aktivist*innen zu den Themen Arbeitskämpfe, Corona, rechter Terror, Rassismus, uvm.

Unterm Strich hatten die Nazis am 1. Mai keinen Erfolg. Sie konnten nirgends eine Kundgebung abhalten oder demonstrieren. Da die Nazis vorrangig aus Gründen des Infektionsschutzes keinen Erfolg hatten, können wir uns auf staatliche Verbotspraxen gegen Nazis nicht ausruhen. Rechter Terror und rassistische Kontinuitäten in Deutschland zeigen, dass dies nur Symbolpolitik ist. Das zeigt der Staat täglich mit seiner tödlichen Abschiebepraxis, der Relativierung und Nicht-Aufklärung rechter Morde sowie mit der Kriminalisierung antirassistischer und antifaschistischer Kämpfe. Antifaschistische Organisierung und Widerstand ist und bleibt, auch 75 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus, weiterhin notwendig im Kampf für eine solidarische Gesellschaft.

Antifaschistisch für eine solidarische Gesellschaft und ein gutes Leben für alle!