Keinen Fußbreit den Faschist*innen in Harburg und anderswo!

Pressemitteilung Hamburger Bündnis gegen Rechts 24.04.2020

Wie bekannt wollen am 1. Mai die militantesten Kräfte der Nazi-Bewegung in Harburg eine Kundgebung abhalten. Dass dieses am internationalen Feiertag der Werktätigen geschehen soll, ist eine besondere Provokation. Waren es doch ihre braunen Vorbilder, die nach der Machtübertragung am 30. Januar 1933 die politische Opposition verboten, die freien Gewerkschaften und die Parteien der Arbeiter*innen zerschlugen und am 2. Mai 1933 die Gewerkschaftshäuser besetzten.
Die Initiatoren Thomas Wulff (Ex-NPD) und Christian Worch (Die Rechte) sind beide vorbestrafte Kader, die in Hamburg jahrzehntelang die Strippen in der Szene gezogen haben und verfügen über große Erfahrung in der Organisierung von Aufmärschen und der entsprechenden medialen Inszenierung.

Als Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR) sind wir diesem braunen Treiben ebenfalls seit Jahrzehnten entschlossen und erfolgreich entgegengetreten – mit Demonstrationen, Kundgebungen und Blockaden. Sollte die Nazi-Kundgebung wider Erwarten nicht verboten werden, so erwarten wir von der Versammlungs- bzw. der Gesundheitsbehörde die Genehmigung von vielen Mahnwachen in Harburg. Felix Krebs vom HBgR „Unter normalen Umständen hätten wir zusammen mit dem Harburger Bündnis mindestens 10.000 Menschen zu antifaschistischen Protesten vor Ort mobilisiert. Die Behörden müssen einer angemessenen Zahl von Menschen den Protest ermöglichen.“

Wir wollen zusammen mit dem Harburger Bündnis einig gegen Rechts und anderen dieses auch in Zeiten von Corona tun – wenn auch entsprechend den Umständen angepasst. Wir planen zusammen die Durchführung von mindestens einem Dutzend Mahnwachen in Harburg und dem restlichen Stadtgebiet, da die Anmeldung einer großen Bündnisdemonstration keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Mahnwachen sollen den Mindestabstand gemäß Infektionsschutz wahren, die An- und Abreise soll nicht in Gruppen geschehen und wir werden einen Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn möglich mit Handlautsprechern ausgerüstet sein und mittels Transparenten und Plakaten unseren Protest zum Ausdruck bringen. Wir freuen uns wenn möglichst viele Menschen den Nazis klare Kante zeigen und rechnen damit, dass auch an anderen Orten vielfältig protestiert wird, ähnlich wie es ein Polizeisprecher im Hamburger Abendblatt formulierte. Wir appellieren aber daran im Interesse der eigenen und der Gesundheit Dritter, die momentanen besonderen Umstände zu berücksichtigen.

Umgekehrt erwarten wir von der Versammlungsbehörde den Nazi-Aufmarsch zu verbieten. Es bleibt eine ungeheure Provokation, wenn z.B. die aufrufende Partei „Die Rechte“ aktuell fordert den 20. April, den Geburtstag Adolfs Hitlers, zum Nationalfeiertag zu erklären. Im Aufruf für den 1. Mai 2020 fordern sie gerechte Löhne nach rassistischen Kriterien nur für Deutsche und „das untrennbare Zusammenwachsen von Nationalismus und Sozialismus“. Nationalsozialismus und die Entrechtung aller Menschen, die nicht ins völkische Weltbild passten – das hatten wir schon ein Mal. Es folgten der Terror gegen politische Gegner*innen und gesellschaftlich Ausgegrenzte, die Vernichtung des europäischen Judentums und der Roma und Sinti und schließlich der von Nazi-Deutschland begonnene Krieg. Er führte zur Verwüstung weiter Teile Europas und zum Tod von mehr als 55 Millionen Menschen. Die Neonazis von heute sehen in den Verbrechern von damals ihre Vorbilder.

Über die aktuellen Entwicklungen bei den Nazis und geplante Proteste werden wir fortwährend auf Homepage und Facebook berichten. Für den Tag selbst ist eine Live-Berichterstattung des Senders Freies Sender Kombinat (FSK) in Planung.

Original: https://www.keine-stimme-den-nazis.org/11-pressemitteilungen/7169-keinen-fussbreit-den-faschist-innen-in-harburg-und-anderswo

2. Communique: Zeit zu Handeln!

Die Nazis werden kommen!

Auch trotz Corona, Infektionsschutzgesetz und Reiseverbot, mobilisieren die Nazis weiterhin offensiv für ihre Versammlung am 1. Mai um 14 Uhr am Bahnhof Harburg. Ein Aufmarsch von mehreren hundert Nazis wird sicherlich nicht stattfinden, doch die Nazis spekulieren darauf, dass mögliche Versammlungsverbote ggf. auch kurzfristig gekippt werden. Die Organisatoren wie Thomas Wulff und Christian Worch, haben jahrzehntelange Erfahrungen mit solchen Versammlungen und dem Durchklagen von Verboten. Darüber hinaus wissen sie die mediale Aufmerksamkeit eines solchen Aufmarsches zu nutzen: Ihr Ziel wird es sein, eine Kundgebung mit Bannern und Fahnen in der Stadt abzuhalten und sich möglichst öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Auch ist damit zu rechnen, dass die Nazis versuchen werden, eine spontane Versammlung jenseits von Polizei und Behörden abzuhalten. Aktuell werden nur Kundgebungen mit maximal 25 Teilnehmenden von den Hamburger Behörden genehmigt. Die endgültige Entscheidung, ob eine Versammlung stattfinden kann oder Verbote doch Bestand haben, kann im schlechtesten Fall erst wenige Stunden vor Versammlungsbeginn fallen. So oder so: Für die Wirkung nach Innen ist es den Nazis wichtig, am 1. Mai in Hamburg sichtbar zu sein. Trotz Corona-Verbot, Polizei und Antifa werden sie versuchen, ihre Aktion als Erfolg zu verkaufen.

>>> Es gibt somit keine Entwarnung, sondern ganz im Gegenteil: Die Nazis werden in Harburg auf die Straße gehen und somit ist antifaschistischer Protest erforderlich! <<<

Was tun?
Als Kampagne 1. Mai Nazifrei wollten wir uns ursprünglich mit möglichst vielen Menschen den Nazis in den Weg stellen und ihren Aufmarsch blockieren. Eine solche Aktionsform halten wir in Anbetracht der Corona-Pandemie und dem Infektionsrisiko nicht mehr für durchführbar, da derartige Formen des Massenprotests einen veranwortungsvollen Umgang miteinander unmöglich machen. Wir halten aber weiterhin daran fest, dorthin zu gehen, wo die Nazis sind. Gleichzeitig rufen wir alle dazu auf, selbst kreativ zu werden: Überlegt euch, was Ihr am 1. Mai gegen Nazis tun könnt und wollt! Unser Demo 1×1 kann bei der Vorbereitung helfen. Gleichzeitig sind Demos und insbesondere Naziaufmärsche während der Corona-Pandemie für alle Beteiligten etwas neues. In den vergangenen Wochen wurden bereits unterschiedliche Protest- und Widerstandsformate ausprobiert und erste Erfahrungen gesammelt. Auch sollte der 1. Mai als Tag, an dem seit Jahrzehnten weltweit Arbeiter*innen für ihre Rechte und ein gutes Leben für alle auf die Straßen gehen, genutzt werden, um auf aktuelle politische Forderungen und Kämpfe hinzuweisen.

Durch Corona haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse teilweise massiv verschärft: Während die Politik in windeseile Milliardenpakete zur Rettung von Unternehmen auf den Weg bringt, werden Arbeitnehmer*innen gezwungen, weiter zur Arbeit zu gehen und somit ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, oder sie werden in die Kurzarbeit geschickt und somit großen finanzielle Einbußen und daraus folgenden existientiellen Nöten ausgesetzt. Dies betrifft teilweise selbst Pflegekräfte: Lukrative Operationen müssen angesichts der Corona-Pandemie abgesagt werden, der „große Ansturm“ von Patient*innen bleibt aus, und die Kliniken bangen auf dem Rücken der Arbeitnehmer*innen um ihren Profit. Angesichts dessen, wirkt das allabendliche Klatschen auf den Balkonen, um als „systemrelevant“ deklarierten Berufsgruppen „Solidarität“ zu erweisen, wie ein schlechter Scherz, während über Kapitalismus und Privatisierung kein Wort verloren wird. Die Schere zwischen Arm und Reich wird gerade in diesen Zeiten besonders deutlich. Dies zeigt sich auch an der Situation geflüchteter Menschen, die in Europa und an den europäischen Außengrenzen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen, die nun noch unerträglicher geworden sind, als ohnehin schon. Das Grundrecht auf Asyl wurde faktisch abgeschafft und die Länder Europas schotten sich mehr und mehr ab. Gleichzeitig fährt der Staat eine ganze Reihe Restriktionen auf, demokratische Mindeststandards werden außer Kraft gesetzt und der Repressionsapparat mit immer mehr Befugnissen ausgestattet. So werden antirassistische und antifaschistische Proteste, die auf die Situation geflüchteter Menschen aufmerksam machen, bereits im Keim erstickt und Aktivist*innen unter dem Deckmantel des Infektionsschutzes mit Anzeigen überzogen – selbst wenn sie nötige Sicherheitsmaßnahmen einhalten.

Unsere Mobilisierungskampagne ist in den letzten Wochen anders verlaufen als geplant. Die Nazis am 1. Mai sind kaum ein Thema in der Stadt. Daher gilt es in der kommenden Woche, viele Menschen zu informieren und zu mobilisieren. Plakate und Flyer gibt es in der Buchhandlung im Schanzenviertel. Diese können abgeholt und in der Stadt verteilt werden. Zusätzlich gibt es viele andere Möglichketen sich die Stadt und den öffentlichen Raum zu nehmen und auf Nazis am 1. Mai, auf die Situation geflüchteter oder wohnungsloser Menschen, auf hohe Mieten, Ausbeutung und andere Scheußlichkeiten des Kapitalismus hinzuweisen. Sucht euch eure Wege und Formen! Zur digitalen Verbreitung gibt es unseren Twitter, Homepage und Insta. Sagt euren Freund_innen, Verwandten und Nachbar_innen Bescheid!

Aktuelle Infos zu den Nazis und Versammlungen gibt es auf unseren Seiten. Mehr Infos, auch zu den Informationsmöglichkeiten am Tag selber, zu anderen Aktionen und was sonst noch so geht, kommen in den nächsten Tagen. Täglich reinschauen lohnt sich also!

Bis dahin gilt:

Haltet Euch den Termin frei, überlegt euch, was ihr tun könnt, seid vorbereitet und kreativ! #1M_Nazifrei

Kleines Demo 1×1

Ob in Zeiten der Covid-19-Pandemie oder ganz generell: Bei Demonstrationen, Kundgebungen, Blockaden, Brötchenschlangen oder anderen Aktionen gibt es einiges zu beachten, um sicher durch den Tag zu kommen und Euch, eure Freund*innen und Genoss*innen, sowie unbeteiligte Menschen nicht in Gefahr zu bringen.

Wir haben Euch einige nützliche Hinweise zusammengestellt. Seid solidarisch und passt aufeinander auf!

 

In Zeiten von Corona:

  • Beachtet das Kontaktverbot! Um unnötige Kontrollen bereits auf der Anreise zu vermeiden und um eine Verbreitung von Covid-19 zu vermindern, denkt dran, in Zweiergruppen unterwegs zu sein.
  • S-Bahnen, U-Bahnen und Busse werden möglicherweise sehr voll sein! Überlegt Euch alternative Anreisemöglichkeiten, beispielsweise mit dem Fahrrad oder zu Fuß, um Euch ohne viel Stress und möglichst flexibel in der Stadt bewegen zu können.
  • Bleibt trotzdem zusammen: Auch in Zweiergruppen macht es Sinn, in Sichtweite von Freund*innen und Genoss*innen zu bleiben. So könnt ihr trotz Kontaktverbot Blickkontakt halten und Euch notfalls gegenseitig unterstützen. Wenn sich alle füreinander verantwortlich fühlen, passiert es auch nicht, dass einer* von Euch verhaftet wird, ohne dass jemand das Fehlen bemerkt.
  • Tragt einen Mund- und Nasenschutz! Das vermindert die Verbreitung von Covid-19 und bringt darüber hinaus noch weitere Vorteile mit sich. So könnt ihr Euch zum Beispiel vor filmenden und fotografierenden Nazis oder Polizist*innen schützen.

Ganz allgemein gilt wie immer:

  • Waffen, Drogen, Adressbücher? Viele fühlen sich auf Hin- und Rückwegen unsicher, wenn sie ihr Pfefferspray nicht dabei haben. Denkt aber dran, es spätestens am Zielbahnhof im Schließfach zu lassen. Erstens seid ihr auf einer Demo eh meist zu dicht von Leuten umgeben, als dass der Einsatz von Reizgas gefahrlos möglich wäre. Zweitens eskaliert es manchmal unglaublich schnell und ihr werdet von der Polizei eingepackt, ohne Gelegenheit zu haben, Gegenstände loszuwerden. Denn das Versammlungsgesetz bezieht sich auch auf die An- und Abreise. Waffen sind also auch hier schon untersagt. Adressbücher und alles, was Infos über Freund*innen offenbart, sind logischerweise bei einer Verhaftung ein gefundenes Fressen für die Polizei. Es ist eure Verantwortung, Freund*innen davor zu schützen.
  • Das selbe gilt natürlich auch für Handys und Smartphones! Die lasst ihr am besten Zuhause und kommuniziert außerdem im Vorfeld mit Freund*innen und Genoss*innen, mit denen ihr verabredet seid, lieber persönlich. Wenn ihr ein Handy mitnehmen wollt um Euch unterwegs auf dem Laufenden zu halten, kauft euch möglichst ein günstiges Smartphone nur für diesen Zweck und besorgt euch eine Sim-Karte die schon freigeschaltet ist und keine Rückschlüsse auf Eure Identität zulässt. Macht keine Fotos! Von Euch und/oder anderen. Smartphones sind zwar sehr nützlich für Schnappschüsse, Standortmeldungen um sich zu finden, und so weiter. Mit Fotos auf denen unter Umständen noch weitere Personen sind, bringt ihr jedoch nicht nur Euch, sondern auch Andere in Gefahr. Denn Fotos, Standortmeldungen und andere Daten sind für die Polizei im Falle des Falles ebenfalls ein gefundenes Fressen.
  • Action? Ruhe bewahren, solidarisch und vernünftig handeln: Das heißt ja nicht, dass ihr der nebenstehenden Nazifotograf*in nicht zeigen dürft, wo der Hammer hängt. Aber macht das abgesprochen, in einer Gruppe, lasst euch nicht mitnehmen und taucht danach wieder im Schutz der Demo unter. Nehmt Rücksicht: Wenn ihr z.B. bei einer Demo gegen Abschiebungen Flüchtlinge ohne Papiere dabei habt, wäre es nicht schlau, Straftaten zu begehen.
  • Bis zum Morgen durch getrunken? Be- und Angetrunkene oder durch andere Rauschmittel beeinflusste Personen haben auf Demos nichts zu suchen, weil sie mit mangelnder Fähigkeit, Situationen schnell und gut einzuschätzen, sich und andere gefährden.
  • Dresscode? Der Dresscode ist eine viel diskutierte Frage. Dabei gilt eigentlich nur, dass anzuziehen, was ihr mögt, dabei wenig aufzufallen und sich Möglichkeiten offenzuhalten, das Gesicht vor Fotos und Filmen zu schützen (z.B. durch Mund-und Nasenschutz, Sonnenbrille, Tuch/Schal und Mütze). Hängt aber natürlich auch von der Art der Aktion ab. Bei einer Demo im Flughafengebäude könnte euch ein Hawaiihemd von Nutzen sein. Einen Rucksack mit etwas zu essen und vor allem einer Flasche Wasser dabei zu haben, kann nie schaden.
  • Verantwortung übernehmen! Wenn ihr in einer Gruppe unterwegs seid, gilt immer: Was einer sich nicht vorstellen kann, machen die anderen auch nicht. Gegenseitig auf sich aufzupassen, die eigenen Bedürfnisse etwas zurück zu nehmen und auf Jüngere bzw. Unerfahrenere zu achten, ist der beste Schutz für alle.
  • Übergriffe durch die Polizei? Ruhig bleiben, nicht panisch wegrennen, sondern Ketten bilden um euch vor Zugriffen der Polizei zu schützen. Im Zweifelsfall langsam und geschlossen zurückziehen. Verletzte schützen, Sanitäter aufmerksam machen und bei der Versorgung oder beim Abtransport helfen. Und bei Fest- oder Ingewahrsamnahmen solltet ihr die von der Polizei mitgenommenen Personen mit Namen, Adresse dem EA melden und darüber hinaus mitteilen, was ihnen vorgeworfen wird (nicht das, was sie tatsächlich gemacht haben!).
  • Verhaftungen? Wenn Du verhaftet oder in Gewahrsam genommen wirst: Versuche, auch hier ruhig zu bleiben. Mach auf Dich aufmerksam, rufe Umstehenden Deinen Namen zu, damit sie dem EA Bescheid geben können. Sag auf der Wache kein Wort mehr als nötig, unterschreibe nichts und nutze den Dir zustehenden Anruf, um Eltern/Freund*innen oder dem EA Bescheid zu geben. Mehr Tipps zum Verhalten bei Verhaftungen findest Du auf: organize

What we can do

Auch weiterhin bleibt die Situation zum 1. Mai unklar. Es gibt dennoch
einiges was wir alle – auch trotz Corona-Pandemie – politisch tun können:

1.) Informieren und Mobilisieren
– Bereits seit Wochen wird unter #leavenoonebehind auf das
menschenrechtswidrige Verhalten der europäischen Staaten hingewiesen,
die weiterhin Geflüchtete in Lagern halten. Mindestabstände und
Hygiene-Maßnahmen, um die Corona-Verbreitung aufzuhalten, wird
verunmöglicht. Legitimer Protest und Widerstand von Betroffenen und
solidarischen Menschen wird verhindert. Es liegt an uns allen, die
Forderungen nach Auflösung der Lager, weiter in der Öffentlichkeit zu
halten.
– Ebenso gilt es in sozialen und privaten Netzwerken rechten
Verschwörungsmythen entgegen zu treten.
– Außerdem könnte ihr über den Naziaufmarsch am 1.Mai informieren und – ob er stattfindet oder nicht – zu Gegenaktivitäten mobilisieren.
Teilt den Hintergrundartikel (Naziaufmarsch am 1. Mai: Ein Bündnis der Krise), unsere Seite oder die Mobi-Seite
vom Hamburger Bündnis gegen Rechts (www.nonazis.hamburg). Nutzt auch
unsere Grafiken (Material für Soziale Medien und Homepage) um auf unsere Kampagne aufmerksam zu
machen.

2.) Aufruf unterschreiben
Unter www.nonazis.hamburg findet ihr den Aufruf des Hamburger Bündnis
gegen Rechts gegen den Aufmarsch. Helft mit, dass wie in der
Vergangenheit, wieder hunderte Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen
den Aufruf unterstützen.


3.) Geld spenden

Auch antifaschistische Projekte sind weiterhin auf Spenden angewiesen.
Wenn ihr für die Aktionen zum 1.Mai in Hamburg spenden mögt, könnt ihr
das beim Hamburger Bündnis gegen Rechts tun
(https://www.keine-stimme-den-nazis.org/ueber-uns/spenden).

Naziaufmarsch am 1. Mai: Ein Bündnis der Krise

Seit August 2019 mobilisieren die Neonazi-Parteien Die Rechte und NPD zu einer gemeinsamen Demonstration am 1. Mai 2020 nach Hamburg. Unter Beteiligung der Neonazi-Funktionäre Christian Worch und Thomas Wulff wollen sie „partei- und organisationsübergreifend in der Hansestadt Hamburg auf die Straße gehen“. Obwohl Die Rechte 2012 in Hamburg gegründet wurde, gibt es in der Stadt keinen Landesverband. In Hamburg sowie den umliegenden Bundesländern ist die NPD die etablierte Partei der extremen Rechten. Die Ankündigung eines Aufmarsch von Die Rechte in einem NPD-Bundesland irritiert zunächst, da die beiden Parteien bisher getrennt voneinander ihre Demos zum 1. Mai organisierten. Daher lohnt ein genauer Blick auf aktuelle Veränderungen und Prozesse innerhalb der Neonazi-Szene vor dem 1. Mai 2020.

NPD und Die Rechte vereint zum 1. Mai
Die Rechte wurde unter anderem vom Neonazi-Funktionär Christian Worch gegründet, der auch heute noch den Bundesvorstand stellt. In der Kleinstpartei sammelten sich ehemalige Mitglieder der 2012 mit der NPD fusionierten Deutschen Volksunion (DVU). Mitglieder des 2012 verbotenen Nationalen Widerstand Dortmund (NWDO) übernehmen ebenfalls zentrale Funktionen in der Partei, was seit Jahren den Eindruck der Nachfolgeorganisation erweckt. Die Ausrichtung der Partei und die politischen Äußerungen ihrer Mitglieder sind seit Gründung offen neonazistisch und NS-verherrlichend. Parteifunktionäre und Mitglieder treten zudem gewalttätig auf. Einige Kader von Die Rechte sitzen wegen gefährlicher Körperverletzung derzeit in Haft.

Christian Worch beim Die Rechte Aufmarsch in Kassel 20.07.2019 nach dem Mord an Walter Lübcke (Quelle: Pixelarchiv)

Thomas Wulff trat im September 2016 nach 15-jähriger Karriere innerhalb der NPD aus der Partei aus. Nach langen innerparteilichen Kämpfen gab er den Landesvorsitz in Hamburg, sowie seinen Posten im Bundesvorstand der Partei auf. Die NPD Hamburg wählte später Lennart Schwarzbach zum Landesvorsitzenden, der sich im Nachgang des letzten Bundesparteitags 2019 innerhalb der Partei äußerst unbeliebt machte. So warf er der Führungsspitze nach einem Richtungsstreit vor die NPD abschaffen zu wollen und erklärte sie zum Feindbild: „‘Unsere Gegner‘ sitzen an der Spitze der NPD“. Damit entfachte Schwarzbach einen öffentlichen Streit, zudem sich neben zahlreichen NPD-Mitgliedern auch der Bundesvorsitzende Frank Franz einmischte und sich verteidigte. Ob diese Überwerfung einen Einfluss auf die Mobilisierung zum 1. Mai hat, wird sich zeigen. Dass auch Schwarzbach als Redner in Hamburg angekündigt ist, dürfte zumindest vielen NPDlern nicht sonderlich gefallen.

Thomas Wulff als Redner beim Naziaufmarsch in Bielefeld am 9.11. 2019, dem Gedenktag an die Novemberpogrome. Nazis forderten die Freilassung der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck (Quelle: Pixelarchiv).

Ausgehend von Hamburg sind Christian Worch ¹ ² und Thomas Wulff ¹ ² seit den 1980er Jahren bundesweit in der neonazistischen Szene aktiv und übernahmen zentrale Funktionen in verschiedenen – zum Teil verbotenen – Parteien und Organisationen. Zu Beginn der 1990er Jahre unterstützten sie mit ihren politischen und rechtlichen Wissen und Erfahrungen rechte Strukturen in anderen Bundesländern und bauten diese gezielt auf. Dadurch erlangten sie bundesweite Bekanntheit und Bedeutung in der extremen Rechten. Bis heute beteiligen sie sich an strategischen Diskussionen innerhalb der Szene und sind sowohl als Redner wie auch als erfahrene Anmelder von Versammlungen bundesweit aktiv und vernetzt. Auch trotz jahrelanger politischer Richtungsstreits und persönlicher Konflikte zwischen den beiden, organisierten sie bereits den letzten Naziaufmarsch 2012 in Hamburg gemeinsam, was ihnen vom damaligen Verfassungsschutzschef den Namen „Tandem des Bösen“ einbrachte.

Neben den beiden steht auch Thorsten Heise ¹ ² auf der Rednerliste. Heise ist als Stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender angekündigt, zählt jedoch ebenfalls seit den 1980er Jahren zu einer bundesweiten Führungsperson und Rechtsrockproduzent mit engen Kontakten zur jüngst verbotenen Gruppierung Combat 18 und zum NSU-Unterstützer_innenumfeld. Durch die Organisation von Rechtsrock- und zuletzt auch Kampfsportevents wie dem Schild & Schwert-Festival versucht er die rechte Hooligan- und Skinheadszene zusammen zu bringen und stärker an die organisierte extreme Rechte anzubinden.

Thorsten Heise (r.) beim „Schild & Schwert“-Festival in Ostritz am 2.11.2018 (Quelle: Pixelarchiv).

Mit Heise, Wulff und Worch kommen drei erfahrene Kader zusammen, die schon immer dafür standen die Parteiarbeit als strategisches Mittel zum Zweck zu begreifen. Folglich wird versucht neben persönlichen Differenzen die oft geführten ideologischen Kämpfe innerhalb der neonazistischen Szene durch die gemeinsame Mobilisierung zum sogenannten „Arbeiterkampftag“ in den Hintergrund zu stellen.

Krise der Neonazi-Parteien
Die Zusammenarbeit der beiden Parteien zum 1. Mai ist vor allem der organisatorischen Krise des parlamentarischen Neonazismus geschuldet. Während es der AfD gelang in wenigen Jahren bundesweit in Parlamente einzuziehen und mit ihren Diskursen und Begriffen die Öffentlichkeit und andere Parteien nach rechts zu treiben, werden neonazistische Parteien wie die NPD und Die Rechte kaum noch gewählt, sofern sie überhaupt noch zu Wahlen antreten. Die jahrzehntelange Strategien der NPD sowohl auf der Straße wie in den Parlamenten rechte Positionen durch Tabubrüche und Provokationen salonfähig zu machen und sich als parlamentarischer Arm einer rechten außerparlamentarischen Bewegung darzustellen, gelang der AfD in nur wenigen Jahren, wesentlich erfolgreicher. Zwar wird dieser Erfolg von einigen Neonazis begrüßt, gleichzeitig verstehen sich viele als die „wahren Volksvertreter“ bzw. als das „Original“. So besinnen sich die Neonaziparteien erneut auf ihr Kerngeschäft: Die Verharmlosung und Verherrlichung des Nationalsozialismus. Die Rechte führte beispielsweise im Frühjahr 2019 einen Europawahlkampf mit der verurteilten Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck als Spitzenkandidatin. Dabei stand nicht die Wahl der Partei im Vordergrund, sondern der Versuch – unter dem Vorwand für Meinungsfreiheit einzutreten – Holocaust-Leugnung zu normalisieren und sagbar zu machen.

Die Organisationsform der Partei ist in den letzten Jahren in einem Punkt attraktiver geworden. Nachdem das erste NPD-Verbotsverfahren an zu vielen Vertrauensleuten von Geheimdiensten in Parteigremien scheiterte, wurde der zweite Versuch mit der Begründung eingestellt, die NPD agiere zwar verfassungsfeindlich, sei aber zu unbedeutend, um sie zu verbieten. Neben der staatlichen Finanzierung gilt dieser Schutz vor einem Verbot als ein weiterer Grund sich als Partei zu organisieren. NPD Hamburg und Die Rechte werden bereits seit Jahren von Personen getragen, die vormals als sogenannte Freie NationalistInnen bzw. in der Kameradschaftsszene aktiv waren und sich aus strategischen Gründen für die Partei entschieden haben.

Zwar gibt es insgesamt eine breitere Akzeptanz rechter Ideologien in der Gesellschaft, sowie vermehrt rechte Angriffe und durch die Pegida-Bewegungen auch mehr Personenpotential auf der Straße, doch gelingt es den klassischen Neonaziparteien bisher nicht diese Potentiale auch organisatorisch einzubinden und für sich zu gewinnen. Im Gegenteil – Beide verlieren massiv an Mitgliedern in den letzten Jahren. Eine partei- und organisationsübergreifende Demonstration und das Voranstellen der gemeinsamen Sache wie am 1. Mai ist nicht neu, sondern bewährte Strategie um die eigene Organisationskrise und politische Bedeutungslosigkeit zu bewältigen.

1. Mai in Hamburg?
Die Ankündigung und Durchführung einer rechten Demonstration in Hamburg schafft zwei Momente. Erstens wird damit die politische Frage gestellt, inwiefern es in Hamburg möglich ist eine neonazistische Demonstration durchzuführen. Der letzte größere Anlauf zu einem sogenannten Tag der deutschen Patrioten scheiterte 2015 an persönlichen Konflikten innerhalb der Vorbereitungsgruppe und führte zu einer Verlegung nach Bremen und Kirchweyhe, wo jeweils wenige hundert Neonazis demonstrierten. In Hamburg gingen damals über 10000 Menschen gegen die Rechten auf die Straße.
Zweitens wird aus dem Gegenprotest der Mythos der „roten Hochburg“ abgeleitet und genutzt um eine bestimmte Erwartungshaltung zu schaffen. Mögliche Teilnehmende sollen mit einem actionreichen Tag gelockt und zugleich in Kampfstimmung gebracht werden. Um mit dem zu erwartenden breiten gesellschaftlichen Widerspruch um zu gehen, rückt der wortwörtliche „Kampf um die Straße“ in den Mittelpunkt der Mobilisierung. Dazu wird an die Rezeption vergangener Erfahrungen und vor allem an den 1. Mai 2008 in Hamburg angeknüpft. So erinnert Die Rechte-Funktionär Michael Brück in der November Ausgabe der Neonazizeitschrift NS-Heute an die sogenannte „Schlacht von Hamburg-Barmbek“. Obwohl die damalige Neonazi-Demonstration nur verkürzt und unter massiven Polizeischutz durchgeführt wurde, zahlreiche Neonazis wenig Grund hatten sich an dem Tag stark zu fühlen und ihre Reisebusse sie nicht mehr nach Hause brachten, wurde diese faktische Niederlage zum heroischen Kampf gegen das „rote Hamburg“ verklärt. Die Beschwörung des Außen in Form der „roten Hochburg“ dient vor allem dazu ein gemeinsames Wir-Gefühl zu schaffen und konkret eben auch partei- und organisationsübergreifend gegen das gemeinsame Feindbild der verhassten Linken mobilisieren zu können.

Auch die Stadtteile, in denen die Nazis laufen wollen, sind nicht zufällig gewählt. Die ursprünglich vom S-Bahnhof Nettelnburg bis zum Lohbrügger Markt angemeldete Route in Bergedorf verläuft durch einen Stadtteil, der seit den 1980er Jahren immer wieder Ausgangspunkt und Rückzugsort neonazistischer Aktivitäten und Übergriffen war. Trauriger Höhepunkt war der brutale Angriff auf Ramazan Avcı am 21.12.1985 durch Neonaziskinheads der Lohbrügge-Army. Wenige Tage später erlag der 26-Jährige seinen Verletzungen im Krankenhaus.

Nachdem bekannt wurde, dass die zentrale Straße der Bergedorfer Aufmarschstrecke mit einer umfassenden Baustelle über den 1. Mai blockiert ist, verlegten die Nazis ihre Demonstration nach Harburg, ebenfalls immer wieder ein Agitationsort für extrem Rechte. Sowohl Bergedorf als auch Harburg sind Orte an denen die NPD Hamburg seit vielen Jahren versucht durch Infostände und Kundgebungen zu agitieren. Antifaschistische Recherchen weisen immer wieder darauf hin, dass bestärkt durch rechte Diskurse seit 2015 mehr Neonazis, die bereits in den 1980er und 1990er Jahren aktiv waren, wieder politisch in Erscheinung treten. Mit einer Demonstration durch die ehemaligen Hochburgen wird auch versucht an alte Zeiten anzuknüpfen und alte WeggefährtInnen zu reaktivieren.

Unterm Strich…
mobilisieren mit Die Rechte NRW und den norddeutschen NPD-Strukturen zwei aktive Neonaziparteien zu einem gemeinsam Event. Mit den Kadern Wulff, Worch und Heise wird versucht auch den radikalsten Teil der Szene anzusprechen. Dafür wird der Mythos vom „Roten Hamburg“ beschworen und versucht sowohl alte WeggefährtInnen als auch ein aktionsorientiertes und gewaltsuchendes Spektrum anzusprechen. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie war zu erwarten, dass sich mehrere hundert Neonazis am 1. Mai auf den Weg nach Hamburg machen. Gegen mögliche Verbote oder Streckenverlegungen im Vorfeld würde der erfahrene Vorbereitungskreis rechtlich vorgehen. Für 14 Uhr wurde der Beginn am Bahnhof Harburg (Hannoversche Straße) angekündigt. Die angemeldete Route führt über die Moorstraße, Krummholzberg, Bremer Straße, Harmstraße, Baererstraße und Wilstorfer Straße. Zurück geht es wieder über die Moorstraße zum Harburger Bahnhof. Zwischenkundgebungen sollen am Seeveplatz und den Kreuzungen Wilstorfer Straße/Baererstraße sowie Wilstorfer Straße/Moorstraße stattfinden
In einem Ende März veröffentlichten Video von Die Rechte wird auch auf den 1. Mai eingegangen. Sollte aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin Versammlungs- und Kontaktverbote in Hamburg gelten, würden die Neonazis sich daran halten. Sollte es jedoch möglich sein am 1. Mai in einem anderen Bundesland auf die Straße zu gehen, würde Die Rechte den Aufmarschort wechseln.

Die spektrenübergreifende Mobilisierung nach Hamburg ist der verzweifelte Versuch durch das Erlebnis-Versprechen die rückläufigen Zahlen bei Demonstrationen mit NS-Bezug zu überwinden. Dennoch bietet das Event auch die Möglichkeit ein überregional und nach innen bestärkendes Ereignis zu werden. Wichtig für die Neonaziparteien ist es überhaupt Veranstaltungen durchzuführen und sich als kämpfende Bewegung zu inszenieren. Die Örtlichkeit und BündnispartnerInnen sind dafür zweitrangig.